„Getting from Care to Cure“ – von der Pathogenese zur Salutogenese – lautete anlässlich der Welt Konferenz in Los Angeles am 29. Mai 2012 der Aufruf der Weltgesundheitsorganisation zu einer neuen Sichtweise im Gesundheitswesen. Das derzeit vorherrschende System der Gesundheitsversorgung bzw. der Krankenbehandlung ist geprägt durch ein Handeln und Denken, das häufig als pathogenetische Betrachtungsweise gekennzeichnet wird: Im Mittelpunkt stehen Beschwerden, Symptome oder Schmerzen des Patienten. Alle Anstrengungen des medizinischen Systems, der ÄrztInnen und TherapeutInnen, richten sich auf die Diagnose und das möglichst schnelle Beseitigen der Symptome und Beschwerden. Die medizinische Forschung der letzten 200 Jahre hat die Gesundheit weitgehend aus dem Blickfeld verloren. Die einseitige Ausrichtung auf die Frage, wie Krankheit entsteht und verhindert werden kann, hat die Frage nach dem Ursprung der Gesundheit und ihren Merkmalen nahezu unbeantwortet bleiben lassen.
Menschen können nicht allein aus der Pathologie verstanden werden. Damit wird man ihnen nicht „gerecht“. Die permanente Ausblendung des Gesundheitsthemas ist ein unbeachteter Risikofaktor, denn durch die Konzentration auf spezifische Störungen – wie z.B. Ängste, Depressionen – wird es verabsäumt, den vielen Menschen Hilfe zu geben, die in ihrer Lebensführung für die Gesundheit keine Sorge tragen. Das greift aber zu kurz, denn ein gesundheitsabträglicher Lebensstil (Fehlernährung, Bewegungsmangel, übermässiger Genussmittelkonsum) hat negative Auswirkungen auf das Gesamtbefinden und wird damit zu einem unspezifischen Risiko- oder Belastungsfaktor, der auch für die spezifische Störung Negativeinflüsse generieren und Gesundungsprozesse behindern kann.